Elektrische Eigenbau Kettenschmierung

Warum?: Bequemlichkeit, ich fahre pro Jahr ungefähr 30.000 km mit dem Moped. Anfangs hatte ich recht viel Mühe, die Kette an der XX einigermaßen geschmiert zu halten. Selbst bestes Kettenspray von verschiedenen Herstellern haftet nicht mehr bei Geschwindigkeiten jenseits 250 km/h. So hatte ich öfters das Problem, daß ich mit gut geschmierter Kette ein Tourchen begann, danach auf der Autobahn nach Hause geheizt bin und die Kette gleich wieder schmieren mußte. Außerdem ist es ätzend, bei längeren Touren die ganze Zeit nach der Kette zu schauen, zu sprayen, min.12h die Karre stehen lassen, daß das Fett Gelegenheit hat, die Lösemittel zu verdunsten. Zudem haftet das Spray nicht so gut auf der Kette wie auf Rahmen und Hinterrad, da ist es nicht mehr wegzukriegen

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Deshalb habe ich mich nach anderen Möglichkeiten umgesehen, z.B. der allseits beliebte Scottoiler. Ich war schon drauf und dran so ein Ding zu kaufen, da sah ich in brütender Mittagshitze eine Suzuki mit Ölpfützchen drunter auf dem Bürgersteig stehen, ratet mal wo das Öl herkam? Genau, vom Scottoiler. Ich erkundigte mich genauer und fand heraus, daß wenn man genug Öl auf der Kette will, muß man etwas mehr aufdrehen. Das bedeutet aber daß es bei hohen Temperaturen nachtropft. Wenns kalt ist, kommt aber zuwenig bis gar kein Öl und man muß nochmehr aufdrehen. Weiterhin scheint der über Unterdruck gesteuerte Hahn im Stillstand nicht immer dicht zu halten. Das ist nicht das, was ich mir unter Wartungsfreundlichkeit vorstelle.

LLL

Abhilfe: Ein Sturz vor Ostern (neue Glitschstones) verschaffte dem Moped 3 Wochen Ruhe und mir eine Gipshand. Um die Zeit zu nutzen hatte ich die Idee selbst so einen Öler zu konstruieren. Aufgrund der oben beschriebenen Unzulänglichkeiten kommt für mich das Zufalls- Tropf- Prinzip nicht in Frage. Eine Pumpe muß her. Zahnradpumpe scheidet aus, denn wenn es einen Elektronikdefekt gibt, pumpt es einem den ganzen Ölvorrat auf einmal auf die Kette und auch auf den Reifen --> Sturz. Das hatte ich gerade. Also Kolbenpumpe mit Hubmagnet. Beim Boschdienst wurde ich fündig, die Einspritzpumpe für eine Autostandheizung brachte die gewünschte Menge (ein Tropfen pro Hub). Der Preis haut mich um, 130.- DM.

KKK

Die Steuerung: Nix dem Zufall überlassen, wegstreckenabhängig muß das Ganze werden. Da am Vorderrad schon ein Sigmatacho treue Dienste tut, liegt es nahe, dort das Wegstreckensignal abzunehmen. Ein Pic µController erschien mir das geeignete Gerät zur Zählung der Impulse und zur Verrechnung mit dem voreingestellten Wert zu sein. So wurde es ein PIC16F84 von Microchip für den ich mir ein Programmiersystem kaufte (430.-DM). Die Eingänge wurden mit Optokopplern vom Bordnetz entkoppelt. Zudem verträgt der Sigma nur einen Schalter und keine Fremdspannung am Eingang, deshalb auch dort ein Optokoppler. Nur ja keine Störungen mit einkoppeln, das Ding soll wartungsfrei sein. Den Ausgang zur Pumpe steuert dann ein Mosfet Transistor. Die Wegstreckeneinstellung wird mit zwei Hexschaltern gemacht. Die Elektronikbauteile kosten nochmal rund 50 DM.
Die Programmierung in Assemblercode verschlang 1 Woche Nachtarbeit, aber nun ist das Eingangssignal entprellt, das Ausgangssignal zum Sigma wohlgeformt (sauberer rechteck Impuls), und der Schaltausgang läßt sich von 64 m bis 8192 m pro Tropfen Öl einstellen. Zudem kann die Pumpe auf Dauerbetrieb geschaltet werden um die Funktion zu testen (alle 2s ein Impuls). Das erste Muster ist noch auf einer Lochrasterplatine, danach folgt eine selbstgeätzte Platine. Eingebaut in einem hochfrequenzdichten Metallgehäuse. Das Gehäuse ist unter der Sitzbank montiert, so daß es für die Einstellung der Wegstrecke problemlos erreichbar ist.
Die Mechanik macht schon mehr Aufwand, denn die Hand geht noch nicht so wie sie soll. Also wird die Familie engagiert, eine Ölleitung aus einer KFZ Bremsleitung (4,8mm Durchmesser) an die XX anzupassen. Danach ist noch ein kleines Edelstahlbehälterchen zu schweißen, welches die Pumpe und den Modellflug Tank für das Kettenöl vibrationssicher aufnimmt (Danke Jens). Das Ganze wird unter dem Tank montiert und ist völlig unsichtbar. Nur die Ölleitung zum hinteren Kettenrad ist bei genauem Hinsehen zu erkennen. Sollte der Elektronik etwas zustoßen, Kurzschluß oder Dauerstrom auf der Pumpe, so verhindert die Konstruktion der Pumpe (Kolbenpumpe, ein Stromimpuls = 1Tropfen Öl), daß der ganze Ölvorrat aufs Hinterrad gepumpt wird. Dadurch ist das System narrensicher.
Die Funktion ist perfekt, die eingestellte Wegstrecke ist im Moment auf ca.1,8 km zwischen zwei Öltröpfchen eingestellt. Nur in Irland, 10 Tage Dauerregen, mußte die Strecke auf ca.1000m pro Tropfen reduziert werden. Die Ölleitung hat am Ende einen kleinen Syphonbogen, so daß im Stillstand keine Luft in die Leitung eindringen und die Leitung dadurch leerlaufen könnte.
Der Verbrauch ist so gering, daß das 250 cm³ Tänkchen nur alle 12.000km (beim Service) nachgefüllt werden muß. Ich verwende ganz normales Synthetiköl 5W50, wie ich es auch im Motor einfülle. Das System ist jetzt seit 28.000 km in Betrieb, die Kette ist schon 32.000km alt und ist noch nicht defekt. Die Kette ist immer schön mit Öl benetzt, abgeschleudertes Öl läßt sich einfach mit einem Lappen wegwischen, kein Vergleich mehr mit den Kettensprays. Die Kette muß sehr wenig gespannt werden, so ist Kettenfahren erträglich.

JJJ


Die Anfänge, Handmuster der Steuerung, voll funktionsfähig.

Die Platine

Das Layout

PIC Entwicklungssystem von MICROCHIP

Blockdiagramm

Die Ölleitung, der angeschweißte Halter wird mit dem Kettenschleifschutz zusammen verschraubt.

Die Ölleitung führt durch einen Aluklotz und wird dadurch sicher gehalten

Der Syphon vor dem hinteren Ritzel verhindert ein Leerlaufen der Leitung im Stillstand